Thüringen zieht an!

Prof. Dr. Michael Behr Thüringen zieht an!

Wie die erfolgreiche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt eine stärkere Zuwanderung aus dem Ausland ermöglicht und was Harry Potter, hochwertige Reinigungsmittel sowie Weichenheizungen für Sibirien mit Thüringen zu tun haben.

Wartburg

Foto: Bundeskanzleramt

Kennengelernt haben wir uns im Rahmen einer Veranstaltung zum sogenannten Job-Turbo des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur besseren Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten, die im März 2024 in Erfurt stattfand. Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Sachsen-Anhalt/Thüringen, das Arbeits- und Sozialministerium des Freistaats und die Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF) hatten dazu eingeladen.

Dr. Tobias Limburg, Diplom-Chemiker, F&E- und stellvertretender Betriebsleiter, und Frau Bozena Seyfarth, Personalleiterin der Firma Dr. Miele Cosmed domal GmbH in Stadtilm, berichteten dort über ihre lange Erfahrung mit ausländischen Beschäftigten am Standort. Ihnen ist es leichtgefallen, bereits unmittelbar nach Ausbruch des Krieges in Kooperation mit der Arbeitsagentur Ukrainer und Ukrainerinnen einzustellen und sie sozial und sprachlich zu integrieren. Die Firma, die verschiedene Reinigungs- und Waschmittel herstellt, hat 90 Mitarbeiter, davon kommen 24 aus dem Ausland. Die größte Gruppe sind 13 Ukrainer. Weitere ausländische Beschäftigte kommen aus Polen und aus Russland, aus der Slowakei, aus Albanien und aus Nigeria. Zusätzlich stammen 10 Mitarbeiter aus einem Stellenpool des Stammhauses aus Polen. Das Unternehmen hat insgesamt 550 Mitarbeiter und stellt neben Reinigungsmitteln auch zahlreiche Kosmetikprodukte her.

Der Firmeninhaber Dr. Andreas Miele, ein Deutscher mit polnischen Wurzeln, hat die in Insolvenz geratene Firma am Standort in Stadtilm 2014 gekauft. Das Unternehmen hat eine für Thüringen typische Altersstruktur. Rund 40 Prozent der Mitarbeiter sind älter als 50 Jahre und gehen nach und nach in Rente; die meisten nach 45 Versicherungsjahren schon etwas früher.

Nachfolger vom deutschen Arbeitsmarkt zu rekrutieren ist schwer. Durch die deutsch-polnische DNA des Unternehmens ist es aber offenbar recht leicht, Menschen aus anderen Nationen wie z. B. Ukrainer zu integrieren; die im Unternehmen beschäftigten Russen denken ähnlich über Putins Krieg, sodass es keine Konflikte gibt. „Tatsächlich konnten wir die Renteneintritte der vergangenen Jahre nicht nur ausgleichen, sondern Neueinstellungen vornehmen“, sagt die Personalchefin, eine gebürtige Polin, die viele Jahre schon die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht ohne Stolz. „Nach 2015 haben wir dann in Kooperation mit dem Jobcenter auch Beschäftigte aus den Asylländern in Nahost und Afrika aufgenommen. Inzwischen haben wir ein gewisses Maß an interkultureller Kompetenz.“

Auf der gleichen Veranstaltung in Erfurt stellten der Geschäftsführer Andreas Fischer und Anja Müller, Personalleiterin der Vulcanic Triatherm in Sonneberg, ihre Firma und die kreativen Ansätze bei der Gewinnung von Personal vor. Die Firma hat, nachdem sie nach der Wende mit 30 Mitarbeitern angefangen hat, inzwischen 250 Beschäftigte und befindet sich weiter auf Wachstumskurs. Sie stellt alles her, was mit Heizen zu tun hat; dazu gehören Backautomaten für große Bäckereien, Pumpen für Photovoltaikanlagen und Weichenheizungen – zu DDR-Zeiten u. a. für die Eisenbahn in Sibirien. Man braucht ständig neues Personal: Metallberufe, Konstrukteure, Elektrotechniker, Instandhalter und Leute, die löten und schweißen können. Die gibt der deutsche Markt kaum noch her. Zum Glück hat die Firma früh auf ausländische Arbeitskräfte gesetzt: In den 90er-Jahren stellte man Spätaussiedler ein, nach der EU-Osterweiterung dann Kollegen aus Mittel- und Osteuropa. Nach 2015 kamen Kollegen aus den Asyl-Hauptherkunftsländern hinzu und seit 2022 Ukrainer. Inzwischen stammen 62 Prozent der Beschäftigten aus dem Ausland, insgesamt aus 21 Nationen.

„Bei der Gewinnung und Integration von Menschen aus dem Ausland ist es wichtig, dass man früh einen persönlichen Kontakt herstellt. Gerade die Geflüchteten haben ja einiges durchgemacht. Sie müssen das Gefühl haben, dass sie sich als Mensch angenommen und willkommen fühlen. Sicherheit und persönliche Ansprache sind das Wichtigste“, sagt Frau Müller, die rührige Personalleiterin. „Als die Geflüchteten aus der Ukraine kamen, haben wir sofort Wohnraum organisiert. Wir verfügen über ein Netzwerk von Vermietern von Ferienwohnungen. Man hat den Menschen schnell und unbürokratisch helfen können. Die Menschen aus dem Ausland sind oft dankbarer als die Einheimischen, für die vieles schon so lange selbstverständlich ist“, so Frau Müller.

Der Landkreis Sonneberg mit seinen 56.000 Einwohnern, bekannt für seine lange Tradition in der Herstellung von Spielzeugen, erlangte zuletzt deutschlandweites Interesse, als 2023 dort der erste AfD-Landrat der Republik gewählt wurde. Ein Grundprinzip in der Firma ist, dass die Politik draußen bleibt und Intoleranz oder Fremdenfeindlichkeit auf der Arbeit keinen Platz haben.

Es gibt ein gutes Miteinander zwischen den deutschen Stammbelegschaften und den neu hinzugekommenen Kollegen aus dem Ausland. Auch den deutschen Mitarbeitern ist klar, dass man in dieser Vollbeschäftigungsregion die Personaldecke nur halten kann, wenn man breit rekrutiert. Insbesondere tragen die internationalen Arbeitskräfte zur Verjüngung der Firma bei. Viele Stammbeschäftigte sind schließlich im rentennahen Alter.

Ein weiteres Beispiel für integrationsoffene Unternehmen finden wir in Pößneck, einem kleinen Städtchen mit 12.000 Einwohnern. Hier hat der Bertelsmann-Konzern schon im Oktober 1990 von der Treuhand den ehemaligen Kombinatsbetrieb GGP übernommen und ein wettbewerbsfähiges Unternehmen geschaffen, das im wesentlichen Buch-Cover in der Sparte Belletristik produziert. Aktuell beschäftigt sich das Unternehmen sehr stark mit Farbschnitt als zusätzlicher Form der Buchveredelung. Unter anderem wurde bei GGP Media die „Harry Potter“-Reihe gedruckt. Insgesamt produziert die Firma in Pößneck mit 750 Beschäftigten an einem Tag in der Hochsaison bis zu 700.000 ästhetisch ansprechende Bücher.

„Wir haben hier eine ausgeprägte Betriebsloyalität und eine hohe Leistungsbereitschaft. Aber in- zwischen sind 50 Prozent unserer Mitarbeiter 50 Jahre und älter; das sind ca. 370 überwiegend qualifizierte Leute. Wir haben permanent Renteneintritte, die ausgeglichen werden müssen“, sagt Sven Isecke, Geschäftsführer und studierter Maschinenbauingenieur. Seit 2018/2019 sei es richtig schwer geworden, neues Personal auf dem heimischen Markt zu finden. „Ohne die Mitarbeiter aus dem Ausland wären wir aufgeschmissen.“

Inzwischen gibt es 60 ausländische Mitarbeiter aus 17 Nationen. Die größte Gruppe sind Ukrainer. „Mit denen machen wir sehr gute Erfahrungen. Die hauen richtig rein. Die machen die Arbeit gut und ausdauernd und sind richtig dankbar, hier integriert zu sein“, sagt Personalchefin Julia Elschner.

Als der Krieg ausbrach und man vom Schicksal der Geflüchteten hörte, die sich an der Grenze zu Polen aufhielten, reagierte das Unternehmen schnell, und die Firmenleitung charterte einen Bus. Julia Elschner: „Wir wollten einfach nur helfen und wussten, dass wir Unterkünfte organisieren können. Wir haben zunächst gar nicht daran gedacht, Arbeitskräfte zu gewinnen.“ Hintergrund der Initiative, hinter der die ganze Belegschaft, aber auch die Bevölkerung in Pößneck stand, war die gute Erfahrung, die man bereits Jahre vor dem Kriegsausbruch im Betrieb mit ukrainischen Werkstudenten gemacht hatte.

Es waren dann 45 Personen, die man nach Pößneck brachte, Frauen, Männer und Kinder. „Wir organisierten Hilfe, vor allem Übernachtungsmöglichkeiten. Dabei arbeiteten wir intensiv mit der Stadt sowie der Volkssolidarität und den Euro-Schulen zusammen, die in Pößneck ein großes Institut unterhalten. Auf unseren Spendenaufruf an die Belegschaft und die Bevölkerung sind in kürzester Zeit beachtliche Mengen an Geld und Sachspenden zusammengekommen.“ Aus der schnellen Hilfe entwickelten sich Arbeitsverhältnisse. So profitiert die Firma am Ende von einem „humanistischen Impuls“. Denn auch hier sorgt Mundpropaganda dafür, dass sich immer wieder Beschäftige aus der Ukraine und anderen Ländern bewerben.

Der Geschäftsführer und die beiden engagierten Betriebsräte André Hintze, der gelernte Buchbinder, und Andreas Schein, gelernter Offsetdrucker, sprechen im großen Konsens über die Perspektiven, die das Unternehmen mit den Geflüchteten hat. „Kann sein, dass bald zehn Prozent unserer Belegschaft keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Seit ein paar Jahren haben wir auch zwei Auszubildende aus Vietnam, diese lernen die Praxis sehr gut, auch wenn es sprachliche Herausforderungen gibt.“

Von der Politik erwarten meine Gesprächspartner Klarheit und Sicherheit, was den Aufenthaltsstatus der Geflüchteten anlangt. „Wir alle investieren viel in die Integration der Geflüchteten: Wir qualifizieren, kümmern uns auch um Belange des täglichen Bedarfs, unterstützen bei Wohnraum usw. Es wäre äußerst fatal, wenn diese Integrationsinvestitionen sich nicht rentieren und die Menschen dann wieder gehen müssten, wo sie doch schon Teil unserer Leistungsgemeinschaft geworden sind. Müssten sie wieder gehen, wäre nicht nur die Motivation beschädigt, sie würden auch große Lücken in der Personaldecke reißen.“

Insbesondere, so der Wunsch von Geschäftsleitung und Betriebsräten bei GGP, müssen diejenigen Geflüchteten, die schnell in Arbeit gehen und dann auch Steuern zahlen, berufsbegleitend mit Sprachkursen (digital oder analog) mehr unterstützt werden, um am Ende die notwendigen Abschlüsse zu erlangen.

Diese drei Unternehmensbeispiele stehen für eine erfreuliche nachholende Internationalisierung des thüringischen Arbeitsmarktes. Zugleich stehen sie für eine gut aufgestellte Unternehmenslandschaft. Thüringen hat die höchste Industriebetriebsdichte Deutschlands und – bezogen auf die Größe des kleinen Flächenlandes – vielleicht sogar den breitesten Branchenmix. Das Spektrum reicht von der Nahrungsmittelindustrie mit Schwerpunkt in Nordthüringen über die metallverarbeitende und Fahrzeugteilezulieferindustrie mit Schwerpunkt im Südwesten über die Kunststoff- und Textilindustrie in Ostthüringen bis zur avancierten optoe-elektronischen Industrie in Jena. Es steckt alles drin, was Deutschland im internationalen Wettbewerb stark macht.

Tatsächlich hat sich das Bundesland nach den schweren Strukturbrüchen der 90er-Jahre zu einem erfolgreichen Mitspieler im internationalen Wettbewerb gemausert. Der zentrale Erfolgsfaktor waren qualifizierte, betriebsloyale, engagierte Beschäftigte und Qualität zu günstigen Preisen.

Die Arbeitslosigkeit ist inzwischen geringer als in einigen westdeutschen Bundesländern, und der Fachkräftebedarf wächst zunehmend – gerade wegen der starken Renteneintritte. Das erklärt auch, warum die Löhne und Gehälter in den letzten Jahren weit überdurchschnittlich gestiegen sind. Seit dem Jahr 2000 nimmt das Erwerbstätigenpotenzial in Thüringen kontinuierlich ab. Bis 2021 sank es um 430.000 Menschen. Das entspricht der Einwohnerzahl der drei größten Städte Thüringens – Erfurt, Jena und Gera. Trotzdem ist es gelungen, die Zahl der Erwerbstätigen bei etwas mehr als einer Million stabil zu halten.

Gelungen ist dies in Thüringen durch die Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt, durch den starken Anstieg der Beschäftigung bei den älteren Arbeitnehmern und durch die überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsquote bei Männern und bei Frauen. Die Beschäftigungsquote der Frauen in Thüringen liegt hinter Sachsen und Brandenburg auf Platz 3 und vor dem Europameister bei der weiblichen Beschäftigungsquote: Schweden. Allerdings sind die sogenannten endogenen Potenziale auf dem Arbeitsmarkt weitgehend erschöpft. Seit 2017 geht die Zahl der deutschen Erwerbstätigen kontinuierlich zurück. Thüringen ist neben Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland, bei dem dies so ist.

Dieser Rückgang muss ausgeglichen werden. Erfreulicherweise ist die Zahl der internationalen Arbeitskräfte in Thüringen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Im Jahr 2010 gab es in ganz Thüringen gerade einmal 10.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte ausländische Arbeitnehmer. Jetzt sind es bereits 72.000, mehr als jeder zwölfte. Bei den Auszubildenden ist es inzwischen jeder zehnte. Der Aufwuchs an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Ausland konnte den Rückgang bei Beschäftigten mit deutscher Staatsangehörigkeit sogar leicht überkompensieren.

Und sie hilft dem Bundesland, seine technische, soziale und touristische Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Denn auch der Bevölkerungsschwund wurde durch den positiven Wanderungssaldo mit dem Ausland zumindest ein wenig gedämpft. Lebten in Thüringen im Jahr 2010 gerade einmal 35.220 Ausländer, waren es 2018 bereits 108.785. Inzwischen leben in Thüringen nach Zahlen des Landesamtes für Statistik 180.850 Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Dabei kommt eine große Gruppe aus den Staaten der EU-Osterweiterung, aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und der Slowakei sowie aus Nicht-EU-Staaten wie der Ukraine, Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Übrigens: Die Beschäftigungsquote (Beschäftigte/ Bevölkerung) ist in Thüringen bei den Ausländern günstiger als bei den Deutschen. Menschen aus dem Ausland tragen zur Verjüngung der Bevölkerung bei und helfen, Institutionen mit Leben zu erfüllen und den Wohnungsleerstand zu verringern. Dies konterkariert den ansonsten unvermeidbaren Rückbau an Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, Gaststätten, Schulen, Kitas, Apotheken usw.).

Mit Blick auf die Erkenntnis, dass Arbeitsplätze wegfallen, wenn sie nicht besetzt werden, kann man heute sagen: Jeder, der nach Thüringen kommt, erhält einen Arbeitsplatz. Denn ohne eine stärkere Zuwanderung könnte – einer aktuellen Studie des Arbeitsministeriums in Thüringen zufolge – die Zahl der Arbeitsplätze bis 2035 um 140.000 zurückgehen. Thüringen hätte dann nicht mehr eine Million Erwerbstätige, sondern nur noch 860.000, und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten würde von 800.00 auf 700.000 zurückgehen.

Die politischen Auswirkungen einer das Wahlverhalten stark prägenden, zunehmend asylkritischen und zuwanderungsskeptischen öffentlichen Meinung sind freilich nicht zu unterschätzen. Insofern laufen gegenwärtig zwei Dinge in gegenläufige Richtungen: auf der einen Seite die durchaus erfolgreiche Integration von Menschen aus dem Ausland in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt und auf der anderen die ideologisch motivierte, feindselige Debatte um Feindbilder von „Asylanten und Migranten“. Diese ist übrigens bedauerlicherweise in den Landesteilen Thüringens am ausgeprägtesten, wo der objektive Zuwanderungsbedarf am größten ist.

Seitens der Landesregierung gibt es eine klare Haltung zur Zuwanderung. „Thüringen ist ökonomisch stärker als demografisch!“ So steht es in der Ettersburger Erklärung der Landesregierung aus dem Mai des vergangenen Jahres, in der ein klares Bekenntnis zu einer zuwanderungsfreundlichen Politik abgelegt wird. Der Freistaat unterstützt über verschiedene Landesprogramme und den Europäischen Sozialfonds die Gewinnung von Fachkräften und Auszubildenden aus anderen Ländern und verbessert seine Beratungsdienstleistungen für Unternehmen, Geflüchtete und Träger von Integrationsprojekten ständig.

Die Zahlen und Beispiele zeigen: Real genießen wir – bei allen Problemen, die wir gegenwärtig mit der Unterbringung, Betreuung und Integration von Menschen aus der Ukraine und aus den Asylherkunftsländern haben – gerade die demografisch positiv wirkende Rendite einer erfolgreichen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik in Thüringen. Während der Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern zwei Jahrzehnte nach der Maueröffnung als Zuwanderungsbarriere wirkte, erleben wir nun – mit erheblicher zeitlicher Verzögerung – jenen Prozess der Internationalisierung des Arbeitsmarktes, der in Westdeutschland bereits seit den 1960er-Jahren eingesetzt hat. Das arbeitsmarktpolitisch motivierte Werben um Zuwanderung seit den 60er-Jahren kompensierte die chronische Fertilitätsschwäche nach den „Boomerjahren“, sodass wir heute – trotz geringer Geburtenzahlen – mehr Einwohner und mehr Beschäftigte in Deutschland haben als je zuvor. Den gesellschaftskritisch motivierten Satz von Max Frisch: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“, kann man heute mit den Worten ergänzen: Zum Glück!


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Prof. Dr. Michael Behr

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Prof. Dr. Michael Behr
geboren 1960 in Düsseldorf, lebt seit 28 Jahren in Thüringen. Er leitet seit 2010 die Abteilung für Arbeit und Qualifizierung (zunächst im Wirtschafts-, dann im Arbeits- und Sozialministerium des Freistaats Thüringen). Zuvor hat er nach Studium der Soziologie, Philosophie und Politischen Wissenschaften in Freiburg und Bielefeld und Promotion in Erlangen seit 1996 an der Universität Jena und der Technischen Universität Chemnitz gelehrt und geforscht. Er ist seit 2008 Honorarprofessor an der Westsächsischen Hochschule Zwickau.