35 Jahre Friedliche Revolution
Vor 35 Jahren stürzten mutige Bürgerinnen und Bürger die Führung der DDR. Sie erkämpften Demokratie und Freiheit für ein wiedervereintes Deutschland in einem freien Europa.
Ein Blick zurück ins Jahr 1989: Schon lange waren viele Menschen in der DDR unzufrieden: Sie wollten Demokratie und Freiheit, der wirtschaftliche Niedergang der DDR ließ sich nicht mehr leugnen. Allmählich bildeten sich Oppositionsgruppen zu verschiedenen Themen, die Protestaktionen durchführten.
Im Sommer 1989 fanden sie mehr und mehr zusammen und zogen mit öffentlichen Aktionen immer mehr Menschen an. Die Friedliche Revolution entwickelte sich aus ganz unterschiedlichen Wurzeln und brachte Menschen zusammen, die sehr vielfältige Vorstellungen der Zukunft hatten. Sie alle aber waren verbunden im festen Willen, Demokratie und Freiheit einzufordern. Damit gingen sie ein großes persönliches Risiko ein, denn es war nicht klar, ob die DDR-Regierung Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen würde.
Die Friedliche Revolution stand in einem internationalen Zusammenhang
Aber gemeinsam ließen sich die Oppositionsgruppen nicht mehr unterdrücken. Aus kleinen Anfängen wuchsen Demonstrationen mit Hunderttausenden von Menschen im ganzen Land. Mit den Rufen „Wir sind das Volk“ hatten die Demonstrationen begonnen. Daraus wurde später „Wir sind ein Volk“.
Die Friedlichen Revolution von 1989 in der DDR wurde von einer breiten Bewegung getragen und sie stand in einem größeren internationalen Zusammenhang. Das zeigen folgende ausgewählte Meilensteine:
Am 19. August 1989 fand im ungarischen Sopron an der Grenze zu Österreich das sogenannte Paneuropäische Picknick statt. Es rief Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern dazu auf, für ein freies und friedliches Europa einzutreten.
Mit Zustimmung ungarischer und österreichischer Behörden wurde an diesem Tag ein Grenztor symbolisch für drei Stunden geöffnet. Dadurch konnten über 600 DDR-Bürgerinnen und -Bürger in den Westen fliehen. Die Aktion wurde weltweit als das erste Loch im Eisernen Vorhang zwischen den Machtblöcken wahrgenommen. Dieser Test der ungarischen Regierung zeigte, dass die Sowjetunion nicht mehr eingriff, um die Freiheitsbestrebungen in ihrem Machtbereich aufzuhalten.
Am 4. September 1989 kam es in Leipzig zur ersten großen Montagsdemo gegen die Führung der DDR und für Freiheit und Demokratie. Zum ersten Mal fanden kleinere Oppositionsgruppen zusammen und 1.000 mutige Menschen demonstrierten friedlich. Jeden Montag wurden es mehr: am 2. Oktober 1989 waren es schon 20.000 Menschen. Damit wurden die Leipziger Montagsdemos Vorbild für andere Städte in der DDR. Hunderttausende gingen mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ im ganzen Land auf die Straßen.
Am 9./10. September 1989 gründete sich in Grünheide das „Neue Forum“. Rund 30 Bürgerrechtler aus allen Teilen der DDR unterzeichneten den Aufruf „Aufbruch 89“. Damit entstand die erste landesweite Oppositionsbewegung in der DDR außerhalb der evangelischen Kirche. Sie wurde zur wichtigsten DDR-Bürgerbewegung in den Zeiten des Umbruchs. Es bildeten sich bald weitere Vereinigungen, wie „Demokratie Jetzt“, der „Demokratische Aufbruch“ oder die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP). Insgesamt fanden die unterschiedlichen Strömungen des Protests zusammen und die Friedliche Revolution organisierte sich.
Am 7. Oktober 1989 wollte das Regime der DDR trotz des sichtbaren Brodelns im Land die Fassade aufrechterhalten und den 40. Jahrestag der Gründung der DDR groß mit Veranstaltungen ganzen Land begehen. Im sächsischen Plauen gingen die Bürgerinnen und Bürger aber nicht zum zentralen Volksfest, sondern auf die Straße. Friedlich demonstrieren über 10.000 Menschen für Freiheit und Demokratie. Auch von Wasserwerfern der Feuerwehr ließen sie sich nicht auseinandertreiben. Plauen war die erste Stadt der ehemaligen DDR, in der so die Staatsmacht zum Einlenken gezwungen wurde. Ganze 23 Wochen lang demonstrieren die Plauener jeden Samstag friedlich für Freiheit, Demokratie und ein wieder vereintes Deutschland. Damit hat Plauen gezeigt: die Friedliche Revolution ist nicht mehr aufzuhalten.
Die friedlichen Demonstrationen hunderttausender Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Demokratie, die Selbstorganisation der Opposition, aber auch die Dynamiken in den Nachbarstaaten des Ostblocks wie Polen und Ungarn, hatten die DDR-Führung massiv unter Druck gesetzt. Am 9. November 1989 verkündete das SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski: „Die DDR-Staatsführung hat sich dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, auszureisen.“ Auf Nachfrage eines Journalisten, wann die neue Reiseregelung in Kraft trete, antwortete Schabowski irrtümlich: „Sofort, unverzüglich.“ Westliche Medien verbreiteten die Nachricht und Bürgerinnen und Bürger der DDR stürmten zu Grenzübergängen in Berlin. . Noch in derselben Macht fiel die Mauer. Ost- und Westdeutsche feierten gemeinsam auf den Straßen Berlins.
Die Dynamik, die die Bürgerinnen und Bürger in diesen Tagen ausgelöst haben, war enorm und beeindruckte Menschen auf der ganzen Welt. Im Ergebnis erlangte Deutschland seine vollständige Souveränität und konnte am 3. Oktober 1990 die Wiedervereinigung feiern. Die Friedliche Revolution von 1989 wird damit zur Weltgeschichte.
So erreichten die Menschen in der DDR ihr Ziel: Demokratie und Freiheit in einem wiedervereinigten Deutschland. Nach fast vier Jahrzehnten fielen erst Reisebeschränkungen und wenig später die Grenzanlagen. Die Symbole von Teilung und Unterdrückung verschwanden, demokratische Strukturen entstanden.
Die Ostdeutschen haben sich Freiheit und Demokratie erkämpft
Seitdem leben wir in einem neuen Deutschland, inmitten der Europäischen Union, die überwiegend von Freundschaft und Partnerschaft geprägt ist. Darauf mussten die anderen ehemaligen Staaten des Ostblocks bis 2004 mit der EU-Osterweiterung warten.
Die Ostdeutschen haben sich die Freiheit und die Demokratie erkämpft. Seitdem ist viel passiert. Die Ostdeutschen haben die Freiheit und die Gestaltungsräume in der Demokratie genutzt und mit harter Arbeit, Gründergeist und Kreativität viel erreicht. Ostdeutschland ist jetzt eine Zukunftsregion, die internationale Großinvestoren anzieht. Aber die Ostdeutschen haben auch ihre regionalen Identitäten und Lebensweisen eingebracht: Bis heute gibt es noch viele Herausforderungen beim weiteren Zusammenwachsen unseres Landes: Wir sind dabei geprägt von vielen unterschiedlichen Regionen mit eigenen Stärken und Erfahrungen, die vereint sind in Demokratie und Freiheit.Heute stehen sich nicht mehr Ost- und West gegenüber, sondern Deutschland ist geprägt von vielen unterschiedlichen Regionen mit eigenen Stärken, die vereint sind in Demokratie und Freiheit.
Das haben wir auch denjenigen zu verdanken, die vor 35 Jahren mit der Friedlichen Revolution diese besondere Geschichte möglich gemacht haben.