Rede im Bundestag
Staatsminister Carsten Schneider spricht für die Bundesregierung bei der Vorstellung des „Gleichwertigkeitsberichts 2024“ im Deutschen Bundestag. Er dient als Überblick der Regierungsmaßnahmen zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse.

Staatsminister Carsten Schneider im Gespräch
Foto: Bundesfoto/Kurc
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zunächst vielen Dank an das Wirtschaftsministerium und das Innenministerium für diesen Bericht, der hoffentlich die Grundlage für eine kluge Bewertung ist. Vielen Dank auch, lieber Kollege Metzler, für die wertschätzende Einordnung! Ich teile das.
Wir haben in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten gut daran getan, zu versuchen, die unterschiedlichen Strukturen in den jeweiligen Ländern auszugleichen, die Wachstumspole und -regionen zu stärken, aber insbesondere auch in den ländlichen Regionen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ein gleichwertiges Leben zu organisieren. Das ist ganz zentral für unser Land, und das unterscheidet uns von vielen anderen Ländern, die sehr stark auf nur ein Zentrum ausgerichtet sind. Wir haben verschiedene Zentren. Wir sind ein föderales Land; wir haben verschiedene Stärken. Wir sind dadurch auch nicht so anfällig, wenn der Wind in einem konjunkturell wichtigen Bereich einmal sehr stark bläst.
Der Bericht zeigt aber auch, dass wir noch viel zu tun haben. Ich denke, insbesondere wenn man das Ziel des Grundgesetzes – gleichwertige Lebensverhältnisse – zugrunde legt, dann muss man feststellen, dass es immer noch zu viele Regionen mit strukturellen Defiziten gibt. Diese Regionen sind in vielen Bereichen schlechter aufgestellt: Sie haben ein niedrigeres Bruttoinlandsprodukt, sie verzeichnen, wie Sie bereits ausgeführt haben, einen Bevölkerungsschwund, haben eine schlechtere Erreichbarkeit – Stichwort „Infrastruktur“ – und die Menschen dort – das ist besonders schlimm; man muss noch mehr dazu forschen, warum das so ist – haben eine niedrigere Lebenserwartung. Das ist ein zentraler Befund. Hier geht es um unser Leben. In bestimmten Regionen treten viele negative Faktoren dann auch noch geballt auf.
Ich kann für die Bundesregierung sagen: Wir wollen das so nicht hinnehmen. Wir wollen das ändern. Wir wollen unser Land so machen, dass es überall gleichwertige Lebensverhältnisse gibt. Die Menschen in diesen strukturschwachen Gegenden wissen im Übrigen sehr genau um die fehlenden Zukunftsperspektiven; auch das zeigt der Bericht. Sie sorgen sich mehr um die wirtschaftliche Zukunft als die Menschen anderswo. Sie sagen häufiger, dass es sich in ihrer Region schlechter leben lässt als in anderen Regionen.
Das Gefühl des Abgehängtseins ist in strukturschwachen Landkreisen besonders stark ausgeprägt. Deshalb ist für mich klar: Regionale Unterschiede dürfen keine sozialen Unterschiede sein, sondern man muss überall in Deutschland gut leben können. Dafür brauchen wir eine Kraftanstrengung für mehr regionale Chancengleichheit, und das nicht irgendwann, sondern jetzt. Wir gefährden sonst das, was dieses Land zusammenhält, nämlich den demokratischen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deswegen sind Regionalpolitik und regionale Strukturpolitik auch Demokratiepolitik. Investitionen in strukturschwache Regionen sind Investitionen in den Zusammenhalt, in die Demokratie und in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse, so wie es im Grundgesetz steht und wie es, so glaube ich, von fast allen Kolleginnen und Kollegen hier auch geteilt wird, das lässt sich allerdings nicht durch das Drehen an nur einer Stellschraube erreichen. Wir haben das gesamtdeutsche Fördersystem 2020 umgestellt, und zwar von einem Fördersystem, bei dem es nach den Himmelsrichtungen Ost und West ging, auf ein Fördersystem, bei dem es nach dem Bedarf geht. Da, wo struktureller Handlungsbedarf besteht, da muss das Geld, da muss die Investition tatsächlich hin. Dieses gesamtdeutsche Fördersystem müssen wir weiter stärken und eventuell noch zielgenauer machen. Was meine ich damit? Das Startchancen-Programm der Bundesbildungsministerin zielt genau darauf ab: Die Mittel werden nicht überall gleich auf die Länder verteilt, sondern das Geld geht dahin, wo es Schulen mit vielen sozial benachteiligten Schülern gibt, weil da der größte Bedarf ist. Und das ist genau richtig so!
Dieses Prinzip werden wir auch in anderen Bereichen durchsetzen müssen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, parallel tagt auch noch der Haushaltsausschuss. Wir werden den Haushalt in den nächsten Wochen hier im Bundestag beschließen. Ich hoffe, dass sich insbesondere die Mittel der GRW, aber auch die der regionalen Strukturpolitik dort in angemessenem Maße finden werden.
Vielen Dank.